Hakenkreuze: Polizei schnappt Grabschänder Ipf- und Jagst-Zeitung, 4.01.2018, Verena Schiegl Junger Mann aus dem Raum Aalen soll für die Taten verantwortlich sein – Sein Motiv: Fremdenfeindlichkeit Auf dem muslimischen Gräberfeld auf dem Wasseralfinger Friedhof sind Anfang März vergangenen Jahres vier Gräber verwüstet worden. Die Grabschändung war der Höhepunkt der rechtsradikalen Schmierereien, die seit Anfang des vergangenen Jahres... - Ein großer Ermittlungserfolg für die Polizei, ein Aufatmen für die Bürger in Wasseralfingen und der gesamten Stadt Aalen: Der mutmaßliche Täter, der seit Anfang Januar vergangenen Jahres immer wieder mit Hakenkreuzschmierereien und ausländerfeindlichen Parolen im Raum Wasseralfingen für Schlagzeilen gesorgt hat, ist gefasst. Sein offensichtlicher Hass gegen ausländische Mitbürger gipfelte in der Schändung von vier muslimischen Gräbern auf dem Wasseralfinger Friedhof Anfang März vergangenen Jahres. Nach dieser Tat wurde der Staatsschutz der Kriminalpolizeidirektion Waiblingen bei den Ermittlungen mit ins Boot geholt. Die Serie an Hakenkreuzschmiererein nahm Anfang vergangenen Jahres im Raum Wasseralfingen ihren Anfang. Beschmiert wurden anfangs eher abgelegene Orte im Wald am Braunenberg. Etwa bei der Schillerlinde, wo der Täter Schilder und einen Gedenkstein mit ausländerfeindlichen Parolen besprüht oder am Besucherbergwerk Tiefer Stollen das verbotene Symbol des Nationalsozialismus’ angebracht hatte. Aber auch private und öffentliche Gebäude hatte er im Visier. Neben der Braunenbergschule beschmierte er vor allem die Fassade der Schlossschule mehrfach mit Hassparolen. Rund 30 Tatorte sind es laut dem Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen, Bernhard Kohn, gewesen, an denen der Täter seine Handschrift hinterlassen hat. Dazu zählten auch Container, Mülleimer und nicht zuletzt das Wasseralfinger Rathaus und ein Firmengebäude. Schock und Betroffenheit in der Bevölkerung Ihren beschämenden Höhepunkt erreichten die Hakenkreuzschmierereien Anfang März vergangenen Jahres. In der Nacht zum 1. März verwüstete der Täter auf dem Wasseralfinger Friedhof vier muslimische Gräber. Er zerstörte Grabschmuck und die Grablichter, warf Blumenschalen um und riss Pflanzen heraus. Darüber hinaus sprühte er große Hakenkreuze auf weiße Marmorgrabsteine. Die Betroffenheit in der Bevölkerung war groß, ebenso wie die Anteilnahme. Geschockt waren auch die Mitglieder der Türkischen Gemeinde in Aalen, vor allem die Angehörigen der Verstorbenen, deren letzte Ruhestätte verwüstet wurde. In einer Gedenkstunde nur wenige Tage nach der Tat setzten knapp 100 türkische Mitbürger auf dem Wasseralfinger Friedhof ein Zeichen. „Wir haben uns gemeinsam versammelt, um zu zeigen, dass wir Aalener, egal, welche Herkunft und Glauben wir haben, zusammenhalten. Wir stehen für ein friedvolles Zusammenleben, Toleranz und Respekt in unserer Stadt“, sagte damals der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Cemil Sahin. Aufs Schwerste verurteilt haben die Tat auch Aalens Oberbürgermeister Thilo Rentschler und Wasseralfingens Ortsvorsteherin Andrea Hatam. Beim Interkulturellen Gedenktreffen auf dem Wasseralfinger Friedhof setzten sie sowie zahlreiche Bürger eine Woche nach der Tat ein starkes Zeichen gegen Fremdenhass. Ihre Betroffenheit und Solidarität drückten auch der Imam Mürsel Gökdere von der Ditib-Moschee sowie die Pfarrer Uwe Quast und Harald „Jetzt hat es hoffentlich ein Ende mit Schmierereien und Hassparolen“, sagt Aalens OB Thilo Rentschler. Golla für die evangelische und katholische Kirchengemeinde aus. Nach der Grabschändung wurde der Staatsschutz der Kriminalpolizeidirektion in Waiblingen in die Ermittlungen integriert, da die Polizei von einer politisch-motivierten Tat ausging. Fortan ermittelte dieser gemeinsam mit den Beamten in Aalen und in Wasseralfingen. Mitte Mai riss die Serie an Hakenkreuzschmierereien jedoch plötzlich und laut Kohn scheinbar endgültig ab. Der Täter blieb im Verborgenen. Im November tauchten allerdings wieder Schmierereien auf, „die von der Art her den Schluss zuließen, dass es sich um denselben Täter handeln muss“, sagt Kohn. Sein Ziel waren die Kappelbergschule und die Glückaufhalle in Hofen und Ende Dezember eine Stützmauer vor dem gerade neu eröffneten IHK-Bildungszentrum in der Blezingerstraße. Über Monate hinweg hätten die Beamten mit großem Personalaufwand zahlreiche Orte überwacht. Ende Dezember gab es schließlich einen Durchbruch bei den umfangreichen Ermittlungen. „Wir konnten einen deutschen Tatverdächtigen aus dem Raum Aalen fassen“, sagt Kohn. Der junge Mann, der zwischen 18 und 21 Jahre alt sein soll und die Taten aus Fremdenhass heraus begangen haben soll, habe bei seiner Vernehmung eingeräumt, sowohl für die Schmierereien wie auch für die Grabschändungen verantwortlich zu sein. Gegen ihn wird nun durch Polizei und Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts der Störung der Totenruhe und Volksverhetzung, wegen Sachbeschädigung sowie wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. „Aufgrund der spürbaren Unruhe hauptsächlich in der türkischen und türkisch-stämmigen Bevölkerung ist mir nicht nur der Ermittlungserfolg wichtig“, sagt Reiner Möller, Leitender Kriminaldirektor beim Polizeipräsidium Aalen. Ihm sei es auch wichtig zu betonen, dass es sich im Falle der Serie an Hakenkreuzschmierereien um einen Einzeltäter gehandelt habe. Vor allem auch deshalb, weil der türkische Generalkonsul in einem Schreiben an das Polizeipräsidium Aalen seine Besorgnis und Betroffenheit über die Taten zum Ausdruck gebracht habe. Täter soll seine gerechte Strafe erhalten Möller freut sich über den Ermittlungserfolg, nicht nur für die Polizei. „Ich bin meinen Kollegen dankbar, dass sie so einen langen Atem hatten. Schmierereien als Nacht- und Nebeltaten sind naturgemäß schwer aufzuklären.“Das der Polizei entgegengebrachte Vertrauen vonseiten der Bürger „haben wir hiermit gerne zurückgezahlt“. Froh, dass der Serientäter endlich gefasst ist, ist auch Aalens OB Thilo Rentschler. „Jetzt hat es hoffentlich ein Ende mit Schmierereien und Hassparolen.“Rentschler hofft, dass dieser „Verirrte und Verwirrte“nun seine gerechte Strafe erhält. https://www.pressreader.com/germany/ipf-und-jagst-zeitung/20180104/282346860193294