Bekennerschreiben: Heiße Spur nach Gräber-Zerstörungen Kronen-Zeitung, 16.02.2008 13:40 | Der Exekutive liegt ein Bekennerschreiben vor, das sich auf zuletzt in Graz verschickte Drohbriefe gegen muslimische Vereine sowie die Schändung des muslimischen Gräberfeldes (Bild) am Zentralfriedhof bezog. Neben der "Aktionsgruppe für ein moslemfreies Graz" sollen auch ehemalige Südtirol-Aktivisten für die "Aktionen" verantwortlich sein. Bei verschiedenen Redaktionen von Printmedien sei ein Brief mit folgendem Wortlaut eingegangen: "Bekennerschreiben Aktionsgruppe für ein moslemfreies Graz. Verantwortlich Drohbrief - Kommando Kurt Welser. Einebnung Moslem Friedhof - Kommando Sepp Kerschbaumer. Radmuttern Attentat - Kommando Luis Amplatz." Die Namen beziehen sich auf ehemalige Südtirol-Aktivisten. Die Briefe wurden in Graz aufgegeben, so das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Der unbekannte Verfasser des Bekennerschreibens stelle eine Verbindung zu den angeführten Vorkommnissen her. Der Verfasser dürfte im Zusammenhang mit zahlreichen anonymen Briefen stehen, die an politische Parteien, karitative Einrichtungen und weitere Adressaten in den vergangenen Jahren gerichtet waren. "Der Inhalt dieser Schreiben ist großteils menschenverachtend und fremdenfeindlich, teilweise wurden auch NS-Symbole verwendet", so die Polizei. Die Ermittlungen zur Ausforschung des unbekannten Verfassers des Bekennerschreibens wurden eingeleitet. Grabsteine umgeworfen, Holztafeln hereusgerissen Vergangene Woche waren am Grazer Zentralfriedhof 45 Gräber von Vandalen beschädigt worden. Es gebe keine Schmierereien oder Parolen, drei Grabsteine seien umgeworfen und zwölf Holztafeln herausgezogen worden, bilanzierte Maximilian Ulrich, Sprecher der Sicherheitsdirektion Steiermark, über die gemeldeten Zerstörungen am Zentralfriedhof. Bei der Tatortbesichtigung wurde festgestellt, dass zwei Grabsteine umgeworfen und an 43 Totenstätten die Holztafeln herausgezogen oder die Namenstafel des Verstorbenen entfernt worden waren. 45 von 70 islamischen Gräbern am Zentralfriedhof fielen den Vandalen zum Opfer. Radmuttern gelockert Soleiman Ali, Präsident der ägyptischen Gemeinde, ist überzeugt, dass eine Manipulation an den Radmuttern eines Autos in der Nachbarschaft ihm gegolten habe. "Aktions-Gruppe für ein moslemfreies Graz" In etwa zeitgleich tauchte ein anonymes Schreiben auf (Schreiben liegt der Redaktion vor), in dem eine "Aktions-Gruppe für ein moslemfreies Graz" Schmähungen verbreitet und - in schlechtem Deutsch verfasst - unverhohlen zu Gewalt aufruft. Wie es aus Kreisen des Verfassungsschutzes heißt, könne das Schreiben eindeutig dem rechtsextremen Lager zugeordnet werden. Im Briefkopf ist zudem eine Odalrune zu sehen, die bei den Nationalsozialisten für Besitz und Eigentum stand und heute von einschlägigen Gruppierungen verwendet wird. Die Staatsanwaltschaft wurde verständigt. Angriffe auf FPÖ-Parteizentrale Unmittelbar nach der Gemeinderatswahl am 20. Jänner hatte es auch Klagen der FPÖ bzw. der Akademischen Sängerschaft Gothia über Angriffe gegeben: Aus Leibnitz hieß es, die dortige FPÖ-Parteizentrale sei wiederholt Ziel von Vandalenakten geworden, die Sängerschaft, in deren Räumlichkeiten in Graz im November - nach Absage im Heimatsaal des Landes - eine Veranstaltung von Stadtparteichefin Susanne Winter mit Gästen anderer Rechtsparteien abgehalten wurde, war Ziel eines Farbbeutelanschlags, schon davor sei das Eingangstor mit Benzin übergossen worden. Winter ist empört Mit den Worten "man muss bei der Suche nach den Tätern auch die Frage stellen cui bono - wem nützt es?", deutete Susanne Winter an, dass die Tat auch aus einer anderen extremen Richtung als der nahe liegenden kommen könnte. "Klima der Islamophobie" Der Menschenrechtsbeirat der Stadt verurteilte die Verwüstung auf dem Friedhof "auf das Schärfste". Durch ihren islamfeindlichen Gemeinderatswahlkampf hätten FPÖ und BZÖ diese Akte ermutigt, meinte Vorsitzender Wolfgang Benedek: "Die bewusste Verbreitung von Vorurteilen gegen den Islam fördert ein Klima der Islamophobie." BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz konterte umgehend: "Eine unfassbare Entgleisung". Soleiman Ali, Präsident der ägyptischen Gemeinde, selbst Gemeinderatskandidat der SPÖ, stößt in das selbe Horn wie Benedek: "Im Ton klingt dies wie eine Fortsetzung des Wahlkampfes mit anderen Mitteln". Ali ist auch überzeugt, dass eine Manipulation an den Radmuttern eines Autos in der Nachbarschaft ihm gegolten habe. Interreligiöser Beirat verurteilt den Vandalenakt Als "schamlosen Akt des Vandalismus" verurteilte der interreligiöse Beirat die Gräberschändung. Diese stelle nicht nur "einen direkten Anschlag auf das verfassungsmäßig garantierte Recht der freien Religionsausübung" dar, er zeuge auch davon, "dass die Achtung vor der Würde und den Gefühlen unserer Mitmenschen noch immer nicht zum Allgemeingut in unserer Stadt geworden ist", hieß es in einer Aussendung. Die Stadt Graz wird aufgefordert, ein Zeichen der Solidarität zu setzen und die Betroffenen bei der Beseitigung der Schäden zu unterstützen. https://www.krone.at/91359