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Im Findbuch des Stadtarchivs finden sich Erweiterungen der Kasernen. Der erste Kasernenbau wurde 1835 am heutigen Hiroshima-Platz errichtet, das Amtshaus zeugt davon. 1885 erfolgt der Bau der späteren Neuen Kaserne, ab 1936 Wörth-Kaserne. Die Wörth-Sporthalle in der Leibnizstraße erinnert an den damaligen Standort, 1973 wurde an der Stelle der Kaserne das Seniorenzentrum errichtet.

Vermutlich erfolgte 1896 die Errichtung der Städtischen Kaserne. Alle dienten der Unterbringung des 82. Infanterie-Regiments, laut Wikipedia sitzt dieses seit dem 1. April 1897 vollständig in Göttingen; ab dann könnte wohl auch die Städtische Kaserne auf dem heutigen Gothaer-Areal genutzt sein. Auf einer am 22.1.1897 gestempelten Ansichtskarte findet sich schon eine Aufnahme der Städtischen Kaserne. Im Allgemeinen Adressbuch für Göttingen finden sich auch ab 1897 Eintragungen für die Städtische Kaserne, in den vorherigen Jahrgängen ist diese noch nicht genannt. Somit lässt sich mit großer Sicherheit angeben, dass ab Anfang 1897 die Städtische Kaserne an der Geismar Chaussee, der heutigen Geismar Landstraße genutzt wurde.

E n s e m b l e

Es existieren nur wenige Aufnahmen des ursprünglichen Kasernen-Areals; einen guten Eindruck verschafft jedoch die obige Ansichtskartenaufnahme (ohne Jahresangabe). Wir erkennen in einer Flucht vier Gebäude, allesamt über die Stockwerke. Während das erste ein Treppenhaus hat, besitzen die weiteren mittige Spitzgiebel. Eine etwas verfremdete Zeichnung einer Postkarte von 1903 gibt einen noch besseren Überblick über die ersten Gebäude.

Anhand weiterer Aufnahmen lässt sich vermuten, dass sich rechts des äußersten Gebäudes ein baugleiches anschließt. Wir kommen somit auf fünf Gebäude, in der ersten Reihe. In zweiter schließen sich Wirtschaftsgebäude an, wobei ich aktuell in dieser Hinsicht noch einige Vorstellungsschwierigkeiten habe.

Da das erste Gebäude von links noch unverändert existiert, lässt sich darauf schließen, dass wir vor einer Reihe roter Klinkergebäude stehen, besonders durch die Postkartenzeichnung verdeutlicht.

Mir liegen leider keine Informationen über den Architekten vor, dies wird sich aber hoffentlich durch eine baldige Öffnung des Stadtarchives klären.

G e b ä u d e

In der forderen Reihe lassen sich drei Gebäudetypen erkennen, von links nach rechts nummeriert, werden sie an dieser Stelle kurz skizziert.

I :: Ein dreigeschossiges Gebäude im Stile des Historismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die verklinkerte Fassade wird durch zwei Treppenhaus-Risalite in drei Elemente unterschieden. Über die erste Etage erstreckt sich durchgängig ein Fenster/Gurtgesims, das auch an den Risaliten übernommen wird. Die Fenster und Türen sind von rundlichen Segmentbögen überspannt, sodass das Gebäude eine neoromanische Note erhält. Die Risalite dienen als Treppenhaus und besitzen dazu jeweils ein Fenster auf der Zwischengeschossebene. Die Fenster sind durch seitliche Lisene eingerückt. Die Risalite schließen mit einem Dreiecksgiebel, in welchem ein kreisrundes Fenster eingesetzt ist. Das Gebäude besitzt ein nicht allzu hohes Walmdach.
Dieses Gebäude wurde seit der Errichtung nicht sonderlich verändert und ist im Originalzustand zu betrachten.

II :: An das erste Gebäude schließt sich rechts ein etwas größeres, ebenfalls dreigeschossiges Gebäude an. Im gleichen Stile gehalten verfügt es über ein Mittelresalit mit Dreiecksgiebel. Links und rechts davon sind vier Fenster, abgeschlossen durch Eckrisalite mit jeweils drei Fenstern. Die oberen Etagen werden durch Gurtgesime vom unteren getrennt, die Fenster sind hier durchweg durch Lisene zurückversetzt. Das Mittelrisalit verfügt über zwei Fenster je Etage und ein Rundfenster im Giebel. Wie auch das andere Gebäude besitzt dieses ein Walmdach.
Dieses Gebäude wurde für den Erweitertungsbau des Gothaer-Areals 1963 abgerissen.

III :: Dieser Typ wurde dreimal in der Flucht errichtet und ist das größte Gebäude der städtischen Kaserne. Im Urzustand verfügt es über drei Etagen à 22 Fenster. Wie auch Typ II ist es mit einem Mittelrisalit und zwei Eckrisalite gegliedert. Das Mittelrisalit schließt mit einem verzierten Dreiecksgiebel mit kleinen Seitentürmchen; Für den Giebel ließen sich bislang keine eindeutigen Fotos oder Skizzen finden. Je Etage besitzt das Mittelrisalit vier Fenster. Die Eckrisalite bestehen wie bei Typ II aus drei Fenstern je Etage. Die Fenster der zurückversetzten Ebenen sind in engerstehenden Zweier-Pärchen gegliedert, verbund über ein gemeinsames Fenstergesims. Zwischen dem Ergeschoss und der zweiten Etage findet sich wie bei den anderen Typen auch ein Gurtgesims. Über Lisene sind auch hier die Fensterbereiche der oberen Etagen leicht nachhinten verlegt.
Diese drei Gebäude erlebten in ihrer ca. 120-Jährigen Geschichte die größten Veränderungen. Während das linke Gebäude nach den Umbauten der 50er Jahre noch heute erhalten ist, werden die beiden rechten aktuell abgetragen.

Wirtschaftsgebäude :: Hinter der ersten Gebäudereihe befanden sich Wirtschaftsgebäude, die in veränderter Form teilweise auch heute noch stehen, jedoch in den kommenden Wochen abgerissen werden. Über den ursprüngliche Zustand gibt uns eine Aufnahme von 1903 Aufschluss, auch wenn ich an dieser Stelle Vorstellungsschwierigkeiten habe. Hoffentlich geben Skizzen zeitnah genauere Hinweise über den Gebäudebestand. Von der Rückseite der Gebäude und einem Kantinengebäude finden sich Aufnahmen auf einer Ansichtskarte, gestempelt 1899.

Aufnahmen

Wenn Sie weitere Fotografien oder Skizzen haben, bin ich Ihnen sehr dankbar. Da das Stadtarchiv aktuell geschlossen ist, musste ich auf die zurückgreifen, die im Internet zum Kauf angeboten werden.

Ansichtskarte, o.J. Ansichtskarte, o.J. Ansichtskarten, 14.11.1903 Ansichtskarte, Stempel: 21.4.1916 Ansichtskarte, 1914? Ansichtskarte, Stempel: 22.1.1897 Ansichtskarte, Stempel: 4.8.1914

   
 
   

 
 

FREIES VERLAGSHAUS
Göttingen, 2020